Die SOPHYA-Studie des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) untersuchte über fünf Jahre das Bewegungs- und Sportverhalten von Kindern und Jugendlichen in der ganzen Schweiz.
Resultate zeigen, dass die Wohnumgebung und das Bewegungsverhalten der Eltern das Bewegungsverhalten in der Kindheit wesentlich beeinflussen und hiermit langfristig auf die Gesundheit der Kinder und späteren Erwachsenen Auswirkungen haben. Die körperliche Aktivität nahm während der COVID-19-Pandemie nicht ab.
SOPHYA (Swiss Children’s Objectively Measured Physical Activity) ist die erste schweizweite Langzeitstudie, die das Bewegungsverhalten von Kindern und Jugendlichen objektiv – mittels eines Beschleunigungssensors – gemessen hat, und gleichzeitig die Einflussfaktoren mittels Befragungen zu Sportaktivitäten, Familie, Lebensstil, Wohnumgebung und Gesundheit untersucht hat. Rund 2’300 Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 20 Jahren aus der ganzen Schweiz beteiligten sich zwischen 2014 und 2019/2020 an dieser Studie. Die Studie ermöglichte somit, die Entwicklung des Bewegungsverhaltens von der Kindheit bis zur Adoleszenz und ins junge Erwachsenenalter zu untersuchen.
Bewegungsverhalten in der Kindheit setzte sich ins Erwachsenenalter fort
Die Studie zeigte, dass Kinder, die schon früh körperlich aktiver waren – im Vergleich zu anderen Kindern im gleichen Alter – auch später im Leben aktiver waren. Weniger aktive Kinder fanden weniger Zugang zu Sport fanden oder traten insbesondere als Jugendliche eher aus Sportvereinen aus. Auch die Eltern spielten hier eine wichtige Rolle: Waren die Eltern selbst aktiv, waren auch die Kinder aktiver. Hinzukommt, dass der Schulaustritt häufig auch mit dem Austritt aus Sportvereinen verbunden war. «Ziel sollte deshalb sein, ergänzende Angebote zu finden, um bereits früh, die weniger aktiven Kinder und Jugendlichen zu erreichen, sowie Angebote nach dem Schulaustritt zu schaffen, um zu erreichen, dass Kinder und Jugendliche langfristig sportlich aktiv bleiben», sagte Nicole Probst-Hensch. Leiterin des Departements «Epidemiology and Public Health» am Swiss TPH und Studienleiterin von SOPYHA.
Mädchen und junge Frauen waren, verglichen mit Knaben und jungen Männern, weniger körperlich und sportlich aktiv. Ein grosser Unterschied zeigte sich in den Alltagsbewegungen, beispielsweise beim Velofahren. Insbesondere Mädchen mit Migrationshintergrund fuhren weniger Velo. «Mädchen und junge Frauen, insbesondere mit Migrationshintergrund, sollten deshalb in ihrem Bewegungs- und Sportverhalten gezielt gefördert werden», sagte Probst-Hensch.
Sozioökonomische Unterschiede spielten geringe Rolle
Das Haushaltseinkommen hatte keinen Einfluss auf die gemessene körperliche Aktivität, auf die Teilnahme in Sportvereinen hingegen schon. Kinder und Jugendliche aus Haushalten mit tieferem Einkommen waren tendenziell weniger sportlich aktiv als diejenigen aus Haushalten mit höherem Einkommen. Der freiwillige Schulsport erreichte Kinder und Jugendliche unabhängig vom sozioökonomischen Hintergrund.
Bewegungsfreundliche Wohnumgebung hatte langfristigen positiven Einfluss
Teilnehmende aus der französisch- und italienisch-sprachigen Schweiz waren bereits 2014 weniger körperlich aktiv als Teilnehmende aus der Deutschschweiz. Dieser Unterschied war – wenn auch etwas abgeschwächt – auch 2019 noch sichtbar. Eine wichtige Rolle spielte ein bewegungsfreundliches Wohnumfeld, beispielsweis in einer sicheren Verkehrsumgebung oder mit Zugang zu Grün- und Spielflächen. Ein wenig bewegungsfreundliches Wohnumfeld hatte sowohl kurz- als auch langfristig einen negativen Einfluss auf das Bewegungs- und Sportverhalten. Kinder aus einem wenig bewegungsfreundlichen Wohnumfeld, waren auch fünf Jahre später weniger aktiv, als Kinder aus einem bewegungsfreundlichen Wohnumfeld.
Positive Auswirkungen auf Lebensqualität
Die Studie zeigte, dass Sport und Bewegung positive Auswirkungen auf den Lebensstil, die Lebensqualität und die Stressresilienz der Kinder und Jugendlichen hatten. Je aktiver sie waren, desto weniger häufig konsumierten sie Tabak und Softdrinks. Körperlich aktive Kinder hatten nicht mehr Unfälle als inaktive. Ebenfalls hatten aktive Kinder weniger Krankheitstage als weniger aktive Kinder. «Körperliche Aktivität leistet somit einen Beitrag zur körperlichen und psychischen Gesundheit», sagte Probst-Hensch.
Kinder nicht weniger aktiv während COVID-19-Pandemie
Die Studie untersuchte auch die Unterschiede im Bewegungsverhalten vor und während der COVID-19-Pandemie. Es stellte sich heraus, dass die Pandemie keinen Einfluss auf das Bewegungsverhalten von 5- bis10-jährigen Kindern hatte. Jedoch traten Mädchen zu einem späteren Zeitpunkt in Sportvereine ein, als vor der Pandemie. «Grund dafür könnte die Vorliebe der Mädchen für Indoor-Sportarten wie Tanzen und Turnen sein, während bei Knaben Fussball an erster Stelle stand, was trotz der Pandemie draussen noch gespielt werden konnte und weniger von Schutzkonzepten betroffen war», sagte Johanna Hänggi, Co-Studienkoordinatorin von SOPHYA. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität war jedoch über alle Monate der Pandemie unter der Lebensqualität von 2014. Insbesondere zum Zeitpunkt hoher Infektionszahlen und der starken Einschränkungsmassnahmen im März und Dezember 2020 war die Lebensqualität deutlich reduziert. «Viele Teilnehmende hatten angegeben, sie seien in einem Sportverein, weil sie die sozialen Kontakte dort schätzten und diese sozialen Kontakte, die einen wichtigen Einfluss auf die Lebensqualität hatten, fielen in dieser Zeit weg», sagte Bettina Bringolf, Co-Studienkoordinatorin von SOPHYA.
«Die Resultate der SOPHYA-Studie liefern wichtige Grundlagen für die Förderung von Bewegungs- und Sportverhalten und tragen somit zur Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei», sagte Nicole Probst-Hensch.
Über die SOPHYA-Studie
Die repräsentative Studie wurde vom Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) in Zusammenarbeit mit dem «Institut des Sciences du Sport de l’Université de Lausanne» (ISSUL) und der «Università della Svizzera italiana» (USI) durchgeführt. Finanziell und inhaltlich wurde die Studie wesentlich durch das Bundesamt für Sport (BASPO) unterstützt. Weitere Beiträge leisteten das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Gesundheitsförderung Schweiz. Die SOPHYA-Studie wurde zudem in enger Kollaboration mit der Studie Sport Schweiz durchgeführt.
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Professor, PhD (Pharmacy and Epidemiology), MPH
Head of Department